Coaching zerstört Gleichgewichte

Ich genieße es sehr, wenn ich mal nicht alleine beim Kunden unterwegs bin, sondern größere Veranstaltungen und Workshops gemeinsam mit einer Kollegin oder einem Kollegen durchführen darf. 

Und wie das immer so ist, wenn Coaches gemeinsam unterwegs sind, es wird reflektiert wat dat Zeuch hält und die aktuelle berufliche und private Situation besprochen. 

Eine dieser lieben Kolleginnen ist Nadine von klarwirken.de, mit der mich viele Dinge verbinden. Ein Verbindungsthema ist die Erziehung von liebenswert-widerspenstigen pubertierenden Jugendlichen und natürlich

“Wie behalten wir in dem Arbeit-Haushalt-Familien-Wahnsinn einen kühlen Kopf und finden auch noch Zeit für eigene Interessen?”

Soweit so gut, wir sitzen gemeinsam beim Abendessen in einem Tagungshotel und Nadine erzählt, dass sie inzwischen den Mama-Wäsche-Service etwas eingeschränkt hat und ihr Sohn seine Wäsche selbst falten bzw. in irgendeiner Form dafür sorgen muss, dass er saubere von getragener Wäsche unterscheiden kann. 

Gute Idee denke ich. Mein Sohn ist ja inzwischen auch alt genug und ich habe auch wirklich besseres zu tun als Wäsche zu falten, rumzumeckern, dass sie nicht adäquat weggeräumt wird und mich dann auch noch darum kümmern zu müssen, dass Monsieur irgendwas findet. 

“Mama!!! Wir haben in der ersten Stunde Sport!!!”

Jedes schulpflichtige Kind, gefühlt mind. 1 x pro Woche

Der Plan wurde dann auch sofort umgesetzt und läuft, dachte ich zumindest. Das Feedback was letztens kam hat mich dann aber umgehauen: 

“Mama, Nadine hat einen schlechten Einfluss auf dich. Sie hat unser tolles Gleichgewicht zerstört!”

Theo, 14 Jahre alt, von Beruf Sohn

Nachdem ich Tränen gelacht habe und auch ein bisschen stolz auf den coolen Spruch meines Sohnes war, habe ich ihm dann gesagt:

„Ok, interessant, dass du unsere Situation als Gleichgewicht empfunden hast. Für mich ist es ganz schön stressig neben meinem Job noch to dos für die Familie zu übernehmen. Ich dachte, du bist inzwischen groß genug, mehr Verantwortung für dich zu übernehmen.“

Mama, 41 Jahre alt mit Coaching-Hintergrund

Das wurde natürlich nur mit einem Seufzen kommentiert.  Wie sagte Maria Montessori: „Hilf mir, es selbst zu tun.“ Ich glaube mein Sohn wünscht sich gerade eher „Hilf mir, mal nichts zu tun.“ 

Da schlagen zwei Herzen in einer Brust: Einerseits der Wunsch nach mehr Verantwortung, Freiheit und Unabhängigkeit, andererseits ist das ganz schön anstrengend, wenn man dann die Verantwortung auch wirklich übernehmen muss. 

Meinen Führungskräften im Coaching setze ich ja auch immer „den Floh ins Ohr“, dass sie mehr Verantwortung an ihre Mitarbeiter*innen übertragen sollen. Und dass das ja auch motivierend für die Mitarbeiter*innen sei.

Der Spruch von Theo schwirrt mir trotzdem im Kopf herum.

Was denken eigentlich die Mitarbeiter*innen meiner Coachees? Coaching zerstört Gleichgewichte? 

Ja das tut es! Und zwar ungesunde Gleichgewichte. 

Fast immer ist das genau das Ziel eines Coachings:  Strukturen und Verhaltensweisen, die wie zementiert erscheinen in Frage zu stellen und neue Gleichgewichte zu finden und herzustellen. 

Damit sich alle im System wohlfühlen und man von einem gesunden Gleichgewicht sprechen kann. 


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